Pfefferberg – Eine Brauerei für Kultur und Kunst

In Berlin wird viel über die Umnutzung leer stehender Industrieanlagen diskutiert. Ein Beispiel ist der Pfefferberg, der nach seiner Sanierung zu einem neuen Ort für Kultur und Kunst geworden ist.

In der frühen Phase der Industrialisierung entwickelte sich Berlin im 18. Jahrhundert rasant zu einer wichtigen Industriestadt in Europa. Die schnell wachsende Bevölkerung stellte auch die Nahrungs- und Genussmittelversorgung vor große Herausforderungen. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Prenzlauer Berg, im Nordosten vor den Toren der Stadt gelegen, langsam zu einer Heimstätte für Brauereien. Niedrige Bodenpreise und das relativ hohe Terrain verbanden sich gut zur Nutzung für unterirdische Bierkeller. Unternehmer kauften Land und bauten Brauereien und Biergärten. Die noch vorhandene Felderlandschaft sollte Ausflügler anlocken und gleichzeitig den Bierkonsum anregen. So entstand das Pfefferberggelände 1841 als eine der ersten Brauereien in diesem Gebiet.

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Bei der Sanierung haben die Architekten historische Spuren erhalten. Foto: YE Ang

In der Anfangszeit war das Bierbrauen zumeist Handarbeit. Das Brauereigelände bestand damals aus mehreren einstöckigen Bauten und einem Biergarten. 1861 erfolge ein Eigentumswechsel, der mit neuem Kapital für eine Industrialisierung der Produktion sorgte. Um im Konkurrenzkampf zu bestehen und die Produktion auszuweiten, errichtete die Brauerei in den folgenden 50 Jahren modernere und größere Bauten. Die Stadt wuchs schnell und in der Umgebung entstanden Wohngebäuden, die wiederum die Erweiterung der Industriebauten einschränkten. 1913 endete daher die Expansion der Brauerei. Die 1,35 Hektar große Anlage bestand aus mehr als zwanzig großen und kleinen Industriegebäuden. Die Flächen zwischen den Gebäuden dienten unterschiedlichen Zwecken: Der berühmte Biergarten zeichnete sich durch eine besondere Lage an der Hauptstraße und schloss zwei imposante Restaurationsgebäude ein. Unter Ausnutzung der natürlichen Topographie befindet er sich ein Geschoss höher. Dadurch konnten an der Straße Läden entstehen und am Pfefferberg vereinten sich Produktion, Bewirtung, Erholung und Vergnügen mit dem Konsum.

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Historische Ansicht des Pfefferberg-Geländes mit dem Biergarten im Zentrum, © Stiftung Pfefferwerk

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde der Pfefferberg von einer anderen großen Brauerei aufgekauft und die Bierproduktion stillgelegt. Bis zum Zweiten Weltkrieg ging das Gelände und die Gebäude durch viele Hände, und wurde zwischenzeitlich zu einer Schokoladenfabrik und einer Brotfabrik. Zu DDR-Zeiten nutzte es eine Druckerei und das Büro der kommunalen Wohnungsverwaltung. Weil Investitionen fehlten, waren die Produktionsgebäude bereits vor der Wende in einem sehr schlechten Zustand. Ende der achtziger Jahre plante das Institut für Städtebau in Ostberlin neue Nutzungen für das Pfefferberg-Gelände. Die schnellen politischen Veränderungen in den neunziger Jahren verhinderten eine weitere Planung.

Wege für eine Neubelebung

Die Entscheidung, die Hauptstadt von Bonn nach Berlin zu verlegen, entfachte eine heiße Phase der Immobilienentwicklung. Gleichzeitig hatte sich die Nachkriegsentwicklung der Stadtplanung in Deutschland in den achtziger Jahren von einer Kahlschlagsanierung zu einer behutsamen Stadterneuerung gewandelt. Diese Umstände ermöglichten das besondere Entwicklungsmodell für den Pfefferberg.

Nach der Wiedervereinigung von Ost- und Westberlin waren die Eigentumsrechte des Pfefferberggeländes unklar. Daher konnten Entwickler und Entwicklungsmodell nicht sofort festgelegt werden. Doch das leer stehende Gelände und der Garten, dem eine gewisse Romantik des Verfallenen anhaftete, zog eine Reihe von sozio-kulturellen Akteuren an, die auf dem Gelände alle möglichen Kultur- und Kunstveranstaltungen organisierten. Von Open Air Konzerten, Lichtinstallationen bis hin zu halblegalen Clubs: der Ruf des Pfefferbergs als Ort für Kultur- und Kunstveranstaltungen verbreitete sich in einem rasenden Tempo. Um das alte Brauereigelände zu einem wirklich Zentrum für soziale und kulturelle Aktivitäten zu machen, gründeten verschiedene Initiativen gemeinsam den gemeinnützigen Verein Pfefferwerk e.V., um die Entwicklung der Brauerei voranzutreiben. Ziel des Vereins war, Einnahmen durch das Betreiben und die Nutzung der Immobilien wieder in gemeinnützige Projekte und in Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsmarktes zu investieren. Die damalige Senatsverwaltung für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen unterstützte diese Entwicklungsidee, auch finanziell beim Kauf des Geländes.

1999 erhielt der Verein Pfefferwerk die Eigntumsrechte an dem Brauereigelände und gründete die Pfefferberg Entwicklungs GmbH & Co. KG, die sich speziell um die Entwicklung der Immobilien kümmern sollte. In der Anfangsphase des Projekts sollte durch eine einmalige Investition in das Gelände und die Gebäude eine Grundsanierung erfolgen, danach einzelne Teile vermietet und für unterschiedliche Nutzungen bereitgestellt werden. Doch weil diese Anfangsinvestitionen sehr hoch waren, konnten sie nicht auf einmal gemacht werden. Die Entwicklungsgesellschaft und der Verein Pfefferwerk stellten daher 2002 die Strategie auf eine stufenweise Entwicklung um: Teileinheiten wurden gebildet, während die Gebäude dann nach den konkreten Bedürfnissen des Endnutzers saniert wurden. Diese Vorgehensweise erhöhte die Flexibilität des Sanierungsprozesses und reduzierte den finanziellen Druck. Gleichzeitig entstand ein neues Problem. Um die Realisierung des ursprünglichen Projektzieles zu garantieren, musste der Entwickler auf schnelle Profite verzichten, Projekte sorgfältig evaluieren und den Projektzielen entsprechende geeignete Endnutzer auswählen. Selbstverständlich kostete dieser Prozess Zeit und Geld; nicht jeder kommerzielle Entwickler hätte dazu die Geduld und Mittel.

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Ausstellungseröffnungen wie hier bei der Galerie Aedes ziehen viele Besucher an. © Aedes Berlin

Von 2001 bis Ende 2009 zogen etwa zehn bekannte internationale Kultur- und Kunstorganisationen und Unternehmen nach und nach in das Pfefferberggelände ein. Darunter befindet sich die Künstlergruppe MEINBLAU, die internationale Architekturgalerie AEDES mit ihrem AEDES Forum für den wissenschaftlichen Austausch, und das Studio des berühmten Künstlers Olafur Eliasson. Darüber hinaus wird ein Teil des Geländes vom Verein Pfefferwerk selbst mit einer Jugendausbildungsstätte genutzt, es beherbergt eine Kantine sowie eine gemeinnützige Jugendherberge.

Hoffnungsvolle Zukunft

Im Pfefferberg finden heute nicht nur hochwertige Kunst- und Kulturveranstaltungen statt, sondern es existiert auch ein reger Austausch und gemeinsamer Aktivitäten der unterschiedlichen Nutzer. Das verlassene Brauereigelände ist nach mehreren Jahrzehnten Stillstand wieder zu einem Ort geworden, wo Kunst und Kultur „gebraut werden“, was untrennbar mit der kontinuierlichen, engen Zusammenarbeit von Entwicklungsgesellschaft, Verwaltungsbehörden sowie den am Projekt beteiligten Architekten und Ingenieuren verbunden ist. Gegenwärtig sind die oberirdischen Arbeiten am Bestand so gut wie abgeschlossen. Es sollen noch drei Neubauten hinzukommen. Auch die Planung zur Umnutzung des Tiefkellers ist in der letzten Phase. Die Entwicklung und ihr Potential macht den Pfefferberg für den Berliner Tourismus und internationale Kulturveranstaltungen in der Zukunft zu einem wichtigen Anziehungspunkt in der Stadt.

Text: YE Ang, Doktorandin TU Berlin, CMS – Center for Metropolitan Studies, Berlin, Februar 2010, Übersetzung: Tanja Reith

Links:

Pfefferberg Entwicklungs GmbH & Co. KG www.pfefferberg.de (de)

Projektarchitekten Unternehmensgruppe Krebs www.ugk-berlin.de (de)

Aedes Galerie und Forum www.aedes-arc.de (de, en)